
Im Frühjahr '25 hatte sich auch bei mir die "Krise" bemerkbar gemacht und ich hatte zunächst einmal den Eindruck, als würde sie sich vor allem in den Köpfen der Menschen eingenistet haben - vielleicht sogar ohne realen Hintergrund. So etwas wie eine "self-fulfilling-prophecy" bahnte sich an.
Auf meinem persönlichen Radar blinkten häufiger und zahlreicher rote Punkte.
Projektangebote, die ich verschickte, wurden einfach nicht beantwortet oder, wie man es auf gut ösisch formulieren würde, "nicht einmal ignoriert".
Bis ich den sehr starken Eindruck entwickelte, dass sich eine große Zahl meiner Adressaten einfach nicht traute, mir ungeschminkt zu sagen: "Es tut uns leid, wir können uns Deine
Dienstleistung einfach nicht leisten, wir müssen sehr streng auf unser Budget schauen, weil es uns wirtschaftlich nicht gut geht." (Es ist selbstverständlich auch denkbar, dass mein Angebot
fachlich nicht überzeugte und/oder ich einfach zu teuer war!)
Gleichzeitig beobachtete ich speziell auf LinkedIn eine gut geölte Maschinerie von Eigen-PR, in der sich ein Großteil der Anbieter*innen unterschiedlichster Dienstleistungen bemühte, ihre
vollen Auftragsbücher zu promoten. Aktivitäten, die bei mir ein leises Lüftchen des Zweifels auslösten - das eine oder andere Trompetengeräusch fühlte sich einfach zu stark nach "Pfeifen im
Walde" an.
Von all dem ungerührt blieb das Grundrauschen der Verbreitung von Binsen - selbstverständlich aufgemotzt durch Studien, die sich im "stating the obvious" erschöpfen.
Neulich auf LinkedIn zu lesen:
Eine Studie findet heraus, dass über 60 Prozent der Führungskräfte einsam sind.
Ja. Eh.
Da hab ich mich sehr zusammenreißen müssen, denn keine Führungskraft der Welt würde an diesem Befund wohl zweifeln. Plus - es fühlt sich prahlerisch und sehr klugscheißerisch an, das zu
schreiben: In meinem allerersten kleinen Folder, den ich im Jahr 2005 drucken ließ, habe ich genau das schon festgehalten. Dass das schlimmste Gefühl beim Führen das der Einsamkeit ist - und ich
war ganz bestimmt schon vor 20 Jahren nicht der erste mit dieser Erkenntnis. Aber gut, dass es wieder zur Sprache kommt...
Während all das geschieht, verlieren Woche für Woche wieder ein paar Tausend Leute ihre Jobs und mit ihnen stürzen ihre Angehörigen und Marktbegleiter in die Unsicherheit.
Jetzt hat sich die Krise von den Köpfen in die Arbeitsämter verbreitet.
Und anstatt ein paar Tausend amerikanische Generäle in nordkoreanischer Manier nach Washington zu beordern, um sie auf den Schießbefehl gegen das eigene Volk einzunorden, könnte man 100 der
hellsten Köpfe der Welt für ein Jahr auf eine Südseeinsel einladen, ihnen die besten Ressourcen der Welt zur Verfügung stellen und sie auffordern, die drängendsten Probleme des Erdballs zu lösen.
Um dann einfach zu tun, was dieser Brain-Trust empfiehlt.
Auch dafür wäre allerdings ein gutes Quantum Ehrlichkeit erforderlich.
Aber wenn wir es im Kleinen nicht schaffen, wird es wohl auch im Großen nicht gelingen.
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Thomas (Mittwoch, 01 Oktober 2025 19:57)
Einfach grandios, lieber Hannes!