1977.
Ich hatte - grade aus Linz "ausgewandert" - meine ersten zarten Wurzeln als Student in Wien geschlagen. An einem Sonntag Abend lag ich auf der Couch in meiner kleinen Wohnung und hörte in Ö3, das damals ein völlig anderer Sender war als heute, zum ersten Mal in meinem Leben den "Willy" von Konstantin Wecker.
Das Lied ist mit einer derartigen Wucht in mein Nervengeflecht gefahren, dass ich eine Viertelstunde lang geweint habe, ohne mich beruhigen zu können.
Da wurde Wecker für mich zur Instanz.
Ich habe einmal mehr, einmal weniger, die Ups and Downs seines Lebens verfolgt. Seine Drogenprobleme mit großem Unbehagen, seine "Rückkehr" mit größtem Respekt.
Immer wieder saß ich in seinen Konzerten, die in den letzten Jahren auch zu sehr berührenden Lesungen seiner Texte geworden waren.
Und selbstverständlich war mir grade in jüngster Zeit klar, dass seine Lieder und Texte wohl nicht mehr so unfassbar produktiv mit "neuen" Werken ergänzt werden würden.
Mit all diesem Wissen konnte ich mich trotzdem nicht davor schützen, seine Auftritte zunehmend als selbstverliebte pathetische Bespiegelungen eines unglaublich reichen Künstlerlebens zu empfinden.
Sogar seine "Rührung" über die standing ovations des Publikums wirkte auf mich seltsam routiniert.
Was mich am meisten irritierte und schließlich zum Beschluss führte, zu keinem seiner Konzerte mehr zu gehen, ist die aus meiner Sicht völlig deplatzierte und in ihrer plakativen Naivität sogar ärgerliche Inszenierung seiner Friedensbewegtheit. In Zeiten, wo Putin ohne den ausdauernden Widerstand und die unzählbaren Opfer der Ukraine längst eine Datscha am Neusiedlersee hätte, kein anderes Modell als eine wehrlose Sülze anzubieten, überschreitet die Grenze der Naivität und betritt das Feld eines von Pathos überwucherten Zynismus.
Das will ich mir nicht mehr anhören.
Nun hat er mitgeteilt, dass er wegen einer Nervenerkrankung in den Händen nicht mehr Klavier spielen kann. Wer ihn bei seinen Konzerten am Klavier erlebte, weiß in der Sekunde, wie schrecklich dieser Befund für ihn sein muss.
Dafür gehört ihm mein allertiefstes Mitgefühl - auch wenn es vom 17. Zwerg von links aus seiner Fangemeinde kommt.
Den "Willy", den er live kaum mehr gespielt hat,
kann ihm und mir sowieso keiner nehmen.
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