NEIN.

Nein. Die GenZ ist nicht faul.
Nein. Das "Match" geht nicht GenZ gegen Boomer.
Ja. Diese immer wiederkehrende "Debatte" ist wirklich ermüdend.


Aus meinen zahlreichen konkreten Erlebnissen mit gut "durchmischten" Generationen kann ich ein paar Beobachtungen beisteuern.


● "Die" GenZ als homogene Generation mit mehrheitlich gleichen Attitudes and Behaviors gibt es nicht. Sie ist genauso "gespalten" wie alle Generationen vor ihr inkl. Boomer. Wäre es anders, würden wir heute nicht so viel Mühe und auch Ärger haben mit dem tiefen Graben, der sich durch die gesamte Gesellschaft zieht.
● Innerhalb der GenZ kann man einen durchaus großen Anteil von Leuten finden, die sich "traditionellen" Werten verpflichtet fühlen und aufgrund ihrer Konformität mit etablierten Regelwerken in traditionell strukturierten Organisationen sehr gute Karrierechancen haben.Von diesen Organisationen gibt es noch eine ganze Menge.


Zwei Beispiele aus dem Alltag, die "trotzdem" das Klischee der GenZ bedienen:


● Zwei "junge" Arbeitgeber (GenY) unterhalten sich über Recruiting-Probleme in der GenZ. Der eine erzählt, dass sich jemand auf seine Suche hin gemeldet hat und diese Person stellte gleich nach der Begrüßung eine Frage: "Was macht Ihr denn so?" Anmerkung: Diese Frage finde ich durchaus "schwierig". Wenn man auf die Suche eines Unternehmens reagiert, sollte es kein unüberwindliches Hindernis darstellen, den potenziellen Arbeitgeber zu Googeln und zumindest ein paar Anhaltspunkte über seinen Unternehmenszweck und seine konkreten Lebenszeichen zu sammeln, über die man dann diskutieren kann.
Nach längerem Austausch der beiden jungen Arbeitgeber fragt der andere zum Schluss: "Und - hat die Person Euch schließlich genommen?" Ja, wir sind in einem Arbeitnehmer*innen-Markt. Wer weiß, wie lange noch.
● Ein ebenfalls der GenY angehörender Manager aus der mittleren Hierarchie einer Unternehmensberatung erzählt mir, dass ein Kunde ein Emergency-Projekt über den Zaun geworfen hat, das innerhalb von drei Tagen eine Krisenstrategie benötigte. Der Manager trommelt sein GenZ-Team zusammen, brieft das Thema ein, gibt aus seiner profunden Kenntnis des Kunden klare Meilensteine vor und kriegt nach drei Tagen etwas völlig Anderes, das in der konkreten Situation nicht weiterhilft. Auf sein Feedback hin hört er: "Du musst uns schon auch die Freiräume lassen, die wir brauchen!"

Nein, die Klischee-GenZ ist nicht faul.
Sie ist anders, als alle anderen Generationen vor ihr.
Sie ist speziell. Sie ist gefühlt "schwierig".
Sie bricht mit allen bisher über Jahrzehnte "gültigen" Selbstverständlichkeiten. Sie kommt mit Hierarchien nur sehr schwer klar, selbst wenn diese Hierarchie konstruktive Erfahrungswerte einbringt, die allen Beteiligten nützen würden.
Ein großer Teil der GenZ ist "woke", was sie nicht davor schützt, auch zu einem erschreckend großen Teil anfällig für Rechtspopulismus zu sein.

Die Klischee-GenZ möchte sich nicht so kaputt-arbeiten, wie die GenX und schon gar nicht wie die Boomer. Getriggert durch die Pandemie, in der die GenZ als Gesamtheit besonders gelitten hat - Ausgangsbeschränkungen, Reduktion sozialer Kontakte, Einschränkungen bis zu "demokratischen Zumutungen" (Angela Merkel), hat die GenZ aber auch die Changes durch die Pandemie mitgenommen und für sich nutzbar gemacht. Remote Work, der durchgehende digitale Change inkl. KI und natürlich auch die 25-Stunden-Woche.
So wie die GenZ in ihren Klischees polarisiert, so läuft es auch auf diesen Ebenen. Arbeitgeber*innen erzählen mir irritiert von "Forderungen" seitens Berufseinsteiger*innen, die in Zeiten des Kostendrucks "schwer abzubilden" (eine unglaublich hohle Formulierung!) sind.
Einstiegsgehälter von 3.500 bis 4.000 Euro brutto in einer 4-Tage-Woche (Freitag muss frei sein), 6 Wochen Urlaub ab dem ersten Arbeitsjahr und diverse Fringes sind nicht nur für eine strenge Kostenrechnung schwer zu stemmen, sondern auch eine Provokation gegenüber allen vorherigen Generationen, die sich am Beginn ihrer Karrieren noch mit deutlich weniger zufrieden geben mussten und noch im Arbeitsleben stehen.

Dass die Umsetzung dieser Lebenskonzepte relativ bald zu gravierenden Einschlägen beim bisherigen Generationen-Vertrag führen wird, ist eine ganz andere Geschichte, die man über viele Seiten aus vielen Blickwinkeln erzählen kann. (Stichworte: Wechselseitiger Bruch dieses "Vertrags", den es nirgendwo aufgeschrieben gibt - einerseits hinsichtlich Vernichtung natürlicher Ressourcen und andererseits hinsichtlich Gefährdung des Rentensystems in einem Szenario, wo durch KI und fernöstliche Arbeitssysteme massive Angriffe auf die westliche "Arbeitskultur" stattfinden.)

Aus meiner Sicht wären ein paar Klarstellungen hilfreich, bei denen sich alle "Generationen" aufeinander zubewegen sollten:
● Neu-Interpretation von "work-life-balance" in Richtung "ego-team-solidarity"
● Radikale Flexibilisierung der Arbeitszeit auf 30 Stunden, die innerhalb von 7 Tagen einer Woche geleistet werden (selbstverständlich und unbedingt auf freiwilliger Basis!)
● Gleichzeitige Nutzung von Erfahrungswerten und kreativen/agilen Zugängen, um leere Test-Kilometer genauso zu vermeiden, wie ein Festhalten an unhinterfragten Traditionen
● Öffnung aller Beteiligten für den Verdacht, die andere Generation geht mit guten Absichten ans Werk
● Re-Dimensionierung einer streckenweise unerträglichen Sprach- und Verhaltenspolizei in Richtung einer Fokussierung auf alltäglichen Respekt, der frei ist von gegenseitigen "Belauerungen"

Kommentar schreiben

Kommentare: 0