
Norwegen. Dieses Land ist um mindestens 300 Prozent nochmal so schön, wenn die Sonne scheint.
Das würden jetzt so manche Correctness-Polizist*innen wahrscheinlich diskriminierend finden, denn was kann das arme Land für sein Wetter?
Wuascht.
Ich weiß, wovon ich schreibe, denn heute hatten wir von der Früh bis zum Abend einen prachtvollen sonnigen Tag und die Stadt Bergen und ihr Umland strahlen aus allen Knopflöchern.
Und da fühlt und spürt man die rohe Kraft dieses Granit-Monuments von einem Land und den Liebreiz seiner Atmosphäre eben noch ein paar Mal mehr, als wenn es regnet und der Nebel und der Dunst sich auf alles legen, das sich bewegt und auch nicht bewegt.
Wir haben uns am frühen Vormittag in unser wunderbares Batterie-Auto gesetzt und sind eine halbe Stunde durch eine sehr freundliche Landschaft gekurvt, bis wir in Ask ankamen und dort jene App der Reiseleiterin anwarfen, die uns schon so gut durch schwedische Wanderungen getragen hat.
Und der Beginn der für zweieinhalb Stunden angelegten Wanderung war bereits breathtaking.
Wir spazieren einfach los, bis wir mir nix/Dir nix auf einmal am Gestade eines Sees standen, der mit seiner Bläue und seiner majestätischen Gelassenheit einfach so dalag und uns die Augen und alle anderen Sinne eindrückte. Der totale Eindruck: Was für eine Stille! Absolut nur das Plätschern des Wassers und der Wind. Wir haben uns im Flüsterton unterhalten, weil wir die Stille nicht stören wollten. Einfach nur Schönheit und Ruhe - was für ein Luxus!
Immer wieder "mussten" wir stehen bleiben und genießen, weil es so etwas bei "uns" kaum gibt.
Fast unverschämt erscheint es jetzt, wo wir in Bergen auf der Couch knotzen, dass wir diese Großzügigkeit der Natur nicht noch intensiver genossen haben. Erst recht, weil uns etwa ab Halbzeit die Route rund um den See so richtig gezeigt hat, wo der Hammer hängt.
Out of the blue ging es los mit engen Waldwegen, die immer wieder unterbrochen waren von sumpfigen Passagen, die nur höchst sporadisch von durchaus gut gezimmerten Holz-Bahnen überbrückt wurden.
Kaum hatten wir uns daran gewöhnt, ging es steil bergauf und bergab auf "Wegen", die nur sehr tolerant als solche bezeichnet werden können.
Und die Krönung: So richtig unwegsames Terrain, das von schief liegenden Granitbrocken geradezu gespickt war. Nass, modrig, rutschig.
Genau meines. Ich bin - ich kann es nur unumwunden zugeben - seit meiner Rücken-OP nicht mehr so trittsicher und vor allem scheiß ich mich an bei dem Gedanken, auszurutschen und mir meine geliebten Titan-Schrauben zu zermerschern.
Ja, is bissi zickig, weiß ich, aber ich kanns halt nicht besser.
Und irgendwann überwiegt halt dann der Missmut über die Faszination und die Sehnsucht nach einem bequemen Autositz über die großartigste Aussicht.
Mein Schatzi war all die Zeit wie eine Gemse voraus, entdeckte die gangbarsten Furten durch den Gatsch und bewies mir einfach durch ihr Dasein, dass es sich lohnt, da raus zu kommen. Und doch wurde mir in diesen eineinhalb Stunden Tortur klar, dass ich Wanderungen dieser Art einfach nimmer machen mag, weil sie mehr Stress, als Sport für mich sind und ich ohnehin noch nie in meinem Leben irgendeinen Lust-Gewinn aus der Bewältigung einer gschissenen Challenge ziehen konnte.
Zuhause hab ich dann meine maltraitierten Gelenke gekühlt und die Liebe meines Lebens hat Nudeln mit Meeresgetier gekocht - ein Plaisir, das den Sinn des Lebens wieder in die passenden Bahnen lenkt.
Und jetzt beim Schreiben dämmert mir, warum die Wikinger so großartige Seefahrer gewesen sind:
Weil ihnen das Hatschen über glitschige Granitbrocken in sumpfigen Wäldern am A... vorbeigegangen ist.
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Ingrid Sperber (Dienstag, 08 Juli 2025 20:24)
JA !☀️❣️